„Nach dem Spiel ist vor dem Spiel!“ Schon bald nach der Premiere im Juli 2022 hatten sich Antonia Mutke und Britta Visser vom Orga-Team erneut auf die Suche nach interessanten Gästen gemacht.
So fanden sich am 1. März 2023 für den zweiten Expertentag 13 engagierte Referent:innen zusammen, um den Jugendlichen der Klassen 7-10 von ihren Erfahrungen in Ausbildung, Studium und Beruf zu berichten. So unterschiedlich wie ihr Hörstatus und ihre Kommunikationsform waren auch die vorgestellten Berufsfelder: Von A wie Architektur bis Z wie Zahnmedizinische Fachangestellte.
In jeweils 60-90 Minuten berichteten die Gäste über ihre beruflichen Wege und Entscheidungen. Mit gut verständlichen PowerPoint-Präsentationen und Simultanübersetzungen in Lautsprache und DGS wurden die Schülerinnen und Schüler barrierefrei angesprochen.
Trotz ihrer unterschiedlichen Persönlichkeiten und individuellen Lebenswege war es den Referent:innen wichtig, den Jugendlichen Ratschläge zu Empowerment und Selbstaktivierung mit auf den Weg zu geben. Wer könnte dies authentischer tun, als taube und schwerhörige Vorbilder selbst?
Die Empfehlungen der Experten lauteten übereinstimmend:
Berufliche Entscheidungen sind keine Einbahnstraße.
→ Vielleicht ist die erste Berufswahl noch nicht die passende gewesen.
Nicole Simon und Sonja Wecker hatten nach ihrer ersten Ausbildung noch ganz andere Tätigkeitsbereiche und Qualifikationen für sich entdeckt. Armita Madani hatte die nur halbherzige Wahl ihrer ersten Ausbildung später bereut. Für eine zweite Ausbildung musste sie kämpfen und ist jetzt glücklich in ihrem Beruf als Zahnmedizinische Fachangestellte. Arne Beermann und Shania Izadi schätzen beide die zuvor absolvierte Ausbildung als Grundlage für ihr aktuelles Maschinenbau-Studium.
„Das geht nicht mit Hörbehinderung“?
→ Barrieren kannst du überwinden.
Nicole Simon und Metin Kurdoglu mussten gegen diesen Satz ankämpfen und hatten sich mit Hartnäckigkeit und Leistung gegen Vorurteile zur Wehr gesetzt.
Til Apfel, taubblinder Studierender, berichtete von seinen Erfahrungen bei Frontrunners, einem internationalen Trainingsprogramm für taube Menschen in Dänemark. Er ermutigte die Jugendlichen in Hinblick auf die Berufswahl: „Ihr könnt mehr, als ihr denkt!“
Sarah Lewis, Medizinstudentin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) berichtete von den Hürden, die sie im Studium meistern muss. So erklärte sie, wie sie trotz Hörbehinderung die Geräusche von Herz, Lunge und Darm mit einem digitalen Stethoskop abhören kann.
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Was macht dich stark?
→ Such dir Unterstützer und baue ein Netzwerk auf!
→ Nimm Nachhilfe in Anspruch; auch hörende Azubis brauchen Unterstützung!
→ Sei offen, mit Hörenden zusammenzuarbeiten. So ist die Arbeitswelt!
Auf die Frage, wie sie es geschafft hätte, trotz mancher Barrieren nicht aufzugeben, antwortete Nicole Simon: „Aufgeben kam für mich nicht in Frage. Ich wollte es schaffen!“ Sie fügte hinzu: „Wenn eine Situation aber körperlich krank macht, dann sollte man auf seinen Körper hören und reagieren.“
Wie findest du deinen Traumberuf?
→ Frag Bekannte nach ihren Berufen und begleite sie einen Tag bei der Arbeit!
→ Mach viele Praktika, auch in den Ferien!
Jana Tietz war sich sicher, ohne vorheriges Praktikum den Ausbildungsplatz zur Fachkauffrau nicht bekommen zu haben.
Achileas Orliakis konnte sich unter dem Berufsfeld Kälte- und Klima-Elektronik zunächst nichts vorstellen und begriff erst im Praktikum, was dahintersteckt. Er entschied sich für die Ausbildung und arbeitet heute erfolgreich in seinem Beruf mit Zukunft.
Im Anschluss an die Vorträge konnten sich die Jugendlichen persönlich mit den Expert:innen austauschen. Die nutzten einige Schülerinnen und Schüler, um sich beispielsweise bei Mario Klein nach Praktikumsmöglichkeiten im Bereich Zerspanungstechnik zu erkundigen.
Ebenso interessiert waren andere an den Arbeitsbereichen im Gesundheitsbereich. Das UKE hatte sich bereits zum zweiten Mal in der Elbschule präsentiert und möchte schwerhörige und taube Mitarbeitende gewinnen.
Dieser ganz besondere Schultag für die Jugendlichen endete um 15.30 Uhr. Ein herzliches Dankeschön an alle Gäste für ihre Offenheit und Ermutigung. Nicht vergessen:„Ihr könnt mehr, als ihr denkt!
Karin Perwo-Aßmann